Recht und Rechtsprechung
Der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat über die richterliche Zuständigkeit für die Frage einer möglichen Abänderung einer Jugendstrafe entschieden, die wegen der gesetzlich neu geregelten und teilweise auch rückwirkend geltenden Straffreiheit privaten Cannabiskonsums (Konsumcannabisgesetz, KCanG) neu zu prüfen war.
Leitsatz des Bearbeiters:
Der Jugendrichter oder die Jugendrichterin am Sitz der Justizvollzugsanstalt ist als Vollstreckungsleiter/-in regelhaft für eine durch Gesetzesänderung erforderliche Prüfung der Strafhöhe zuständig, da er die Entwicklung des oder der Verurteilten während des Vollzugs am aktuellsten kennt.
Beitrag Recht Sigmar Roll (PDF)Urteil OLG_Hamm_Az.4_OGs_10-24 (PDF)
Im Kinder- und Jugendstärkungsgesetz wurden mit Blick auf den besonderen Schutz von Kindern und Jugendlichen mit einer Behinderung Änderungen an den §§ 8a, 8b SGB VIII vorgenommen. Diese beziehen sich auf die Qualifikation der insoweit erfahrenen Fachkräfte im Kinderschutz, die nun auch den Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit einer Behinderung entsprechen soll. Der Artikel beleuchtet diese Entwicklung mit Blick auf die bisherigen Rahmenbedingungen der Tätigkeit der insoweit erfahrenen Fachkräfte und auf das Themenfeld Kinderschutz und Behinderung.
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Impulse für eine Neuregelung des § 184b StGB aus BVerfG Urt. v. 03.03.2023 (2 BvL 11/22, 2 BvL 15/22)
Das Bundesverfassungsgericht (Urteil v. 03.03.2023 – 2 BvL 11/22, 2 BvL 15/22) hat eine Richtervorlage des AG München und des AG
Wuppertal betreff end die Frage, ob § 184b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB mit dem Grundgesetz vereinbar ist, für unzulässig gehalten.*
Leitsatz der Bearbeiterin:
Die Vorlagen sind unzulässig (setzen sich jedoch umfassend mit der Frage auseinander, weshalb eine Neuregelung des § 184b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB dringend angezeigt ist).
Das LG Köln (Urteil vom 13.06.2023, Az. 5 O 197/22) hat das Erzbistum Köln nach seinem Verzicht auf die Einrede der Verjährung als Dienstherrn des Schädigers wegen hundertfachen sexuellen Missbrauchs zur Schmerzensgeldzahlung iHv 300.000 Euro nebst Zinsen abzüglich der bereits im kirchlichen Anerkennungsverfahren gezahlten 25.000 € und zur Zahlung von Schadensersatz für vorgerichtliche Tätigkeiten verurteilt. Es hat zudem festgestellt, dass das Erzbistum alle künftigen materiellen Schäden zu ersetzen hat, sofern entsprechende Forderungen nicht auf Dritte übergegangen sind. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Leitsatz der Bearbeiterin:
Das beklagte Erzbistum Köln wird nach seinem Verzicht auf die Einrede der Verjährung dazu verurteilt, ein Schmerzensgeld in Höhe von 300.000 Euro an den Kläger zu zahlen, der in den 70er-Jahren hundertfach und über langen Zeitraum von einem beim Bistum angestellten Pfarrer sexuell missbraucht worden war.
Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 6.12.2022, Az. VI ZR 168/21) hat die Sache aufgrund von Rechtsfehlern bei der Bemessung des Schmerzensgeldes an das Berufungsgericht (OLG Celle) zurückverwiesen, dieses jedoch in der Sache bestätigt. Hierbei hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung zum Schockschadensersatz nun auch ausdrücklich aufgegeben und die Voraussetzungen für einen entsprechenden Ersatzanspruch erheblich abgesenkt.
Leitsatz der Bearbeiterin:
Erleidet jemand nach Mitteilung des sexuellen Missbrauchs des eigenen Abkömmlings eine psychische Störung von Krankheitswert, dann kann Schockschadensersatz nach § 823 Abs. 1 iVm § 253 Abs. 2 BGB verlangt werden. Hierfür ist nicht (mehr) erforderlich, dass die Störung über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgeht, denen Betroffene bei der Verletzung eines nahen Angehörigen in der Regel ausgesetzt sind.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision zurückgewiesen, die ein Stiefvater gegen seine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs seines Stiefsohnes eingelegt hatte (Urteil vom 03.05.2022, Az. 3 StR 481/22).
Leitsatz des Bearbeiters:
Ein sexueller Missbrauch kann bereits dann vorliegen, wenn die sexuelle Intimsphäre des Betroffenen objektiv verletzt worden ist, ohne dass dafür ein Anstreben eigener sexueller Erregung beim Täter erforderlich ist.
Beitrag Recht Roll (PDF)
Der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Karlsruhe, hat die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt, in der einem Minderjährigen die Genehmigung versagt worden war, als Selbständiger rechtlich eigenständig ein Unternehmen zum Abovertrieb von Computerspielprogrammergänzungen zu führen. (Beschluss vom 11.08.2022, Az. 5 WF 72/22).
Der Senat schließt sich den Ausführungen des erstinstanzlichen Familiengerichts beim AG Freiburg/Breisgau (Beschl. v. 04.05.2022, Az. 450 F 42/22) an.
Leitsatz des Gerichts:
Für die Erteilung der Genehmigung zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts muss der Minderjährige die psychische und charakterliche Reife wie ein Volljähriger haben. Zudem muss er über die im Geschäftsleben nötigen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen.
Beschluss vom 11.08.2022 Az. 5 WF 72/22 (PDF)
Beschluss vom 04.05.2022 Az. 450 F 42/22 (PDF)
Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main hat das Urteil der Vorinstanz bestätigt, in dem einer Minderjährigen ein Schmerzensgeld zugesprochen war, nachdem ihr in einer Shisha-Bar entgegen den Jugendschutzvorschriften die Nutzung einer Shisha gestattet worden war und sie eine Kohlenmonoxidvergiftung erlitten hatte (Beschluss vom 11.07.2022, Az. 6 U 148/21). Der Entscheidung ging folgender Hinweisbeschluss voraus (Beschluss vom 14.06.2022, Az. 6 U 148/21).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: s. Beschluss_OLG Frankfurt – 6. Zivilsenat_Az._6_U_148/21 I und Beschluss_OLG Frankfurt – 6. Zivilsenat_Az._6_U_148/21 II
Leitsatz des Gerichts
(zur abschließenden Entscheidung):
Die Jugendschutzvorschriften nach §§ 2, 10, 28 Jugendschutzgesetz sollen den besonderen Gefahren des Rauchens bei Jugendlichen begegnen. Erleidet eine Minderjährige beim Rauchen einer Shisha in einer Shisha-Bar eine Kohlenmonoxid-Vergiftung, realisiert sich ein Risiko, vor dem diese Vorschriften gerade schützen sollten.
Beschluss vom 14.06.2022, Az. 6 U 148/21 (PDF)
Beschluss vom 11.07.2022, Az. 6 U 148/21 (PDF)
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Darmstadt hat das kostenpflichtige Abschleppenlassen eines Kleintransporters als verhältnismäßig angesehen, weil von den darauf angebrachten Bildern eine Störung der öffentlichen Ordnung insbesondere gegenüber Schulkindern einer benachbarten Schule ausgegangen sei. (Urteil vom 05.06.2018, Az. 3 K 1937/17.DA).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: s. Urteil_VG_Darmstadt_Az._3_K_1937-17.DA
Leitsätze des Gerichts:
- Die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) erlaubt es grundsätzlich, eine ablehnende Haltung zu Abtreibungen auch durch Plakate oder Aufkleber an einem im öffentlichen Straßenverkehr genutzten Fahrzeug zum Ausdruck zu bringen.
- Dies darf jedoch nicht unter Verwendung indizierter Materialien genau vor einer Grundschule geschehen; hier wiegt das Kindeswohl stärker.
- Die bei den Kindern zu befürchtende psychische Belästigung erfüllt den Tatbestand des § 118 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG).
Urteil_VG_Darmstadt_Az._3_K_1937-17.DA (PDF)
Die 27. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf hat den Sofortvollzug einer auf der Grundlage des deutschen Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) ergangenen Beanstandung und Untersagungsverfügung gegen einen Anbieter einer Plattform mit pornografischen Inhalten, der seinen Sitz in einem anderen Mitgliedsland der EU hat, gebilligt (Beschluss vom 30.11.2021, Az. 27 L 1414/20 n.rkr.). *
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: s. Urteil_VG_Duesseldorf_Az._27_L_1414-20
Leitsätze des Bearbeiters:
-
Der JMStV ist auch auf Anbieter mit Sitz in einem anderen Land der EU anwendbar.
-
Jugendschutzregeln sind mit der den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr im Internet sichernden sog. E-Commerce-Richtlinie (ECRL) vereinbar.
-
Ein Einschreiten gegen das Verbreiten pornografischer Angebote unter Verstoß gegen den JMStV darf zwar nicht willkürlich sein, erfordert aber kein umfassendes Eingriffskonzept.
-
Bei einer schweren Gefährdung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen kann vom sog. Herkunftslandprinzip, d.h. dass es auf Gesetzeskonformität am Ursprungsort einer gelieferten Ware oder Dienstleistung ankommt, im Einzelfall abgewichen werden.
Urteil_VG_Duesseldorf_Az._27_L_1414-20 (PDF)
Der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat beim Streit von – getrennt lebenden – Elternteilen über die Veröffentlichung von Fotos ihrer Kinder im Internet die Entscheidungsbefugnis auf ein Elternteil übertragen und dabei auch mit der Sicherstellung des Kindeswohls argumentiert (Beschluss vom 20.07.2021, Az.). *
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: s. Urteil OLG Duesseldorf Az. 1 UF 74/21
Leitsätze des Gerichts:
- Die Entscheidung über das rechtliche Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung von Fotos des Kindes im Internet betrifft eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind i.S. des § 1628 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
- Für die Verbreitung von Fotos des Kindes in digitalen sozialen Medien ist gemäß § 22 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) die Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile erforderlich.
- Die Rechtfertigung der Verwendung von Fotos des Kindes in digitalen sozialen Medien gemäß Art. 6 Abs. 1 UnterAbs. 1 lit. a) [Europäische] Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erfordert die Einwilligung beider sorgeberechtigter Elternteile.
- Es entspricht gemäß §§ 1628, 1697a BGB regelmäßig dem Kindeswohl am besten, die Entscheidung über das rechtliche Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung eines Fotos des Kindes im Internet demjenigen Elternteil zu übertragen, der die Gewähr für eine Verhinderung der weiteren Bildverbreitung bietet. Dabei ist allein auf die konkrete rechtswidrige Bildverbreitung abzustellen, so dass es nicht darauf ankommt, ob ein Elternteil in einem anderen Fall eine unrechtmäßige Verbreitung von Fotos des Kindes veranlasst oder zugelassen hat.
Urteil OLG Duesseldorf Az. 1 UF 74/21 (PDF)
Der 2. Senat des Bundessozialgerichts hat das Vorliegen eines Arbeitsunfalls für eine Freizeitaktivität einer Minderjährigen während der Einführungswoche zu ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) bei den dort bestehenden Rahmenbedingungen als gegeben angesehen (Urteil vom 06.10.2020, Az. B 2 U 13/19 R). *
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: s. unten Urteil Bundessozialgericht Az. B 2 U13/19
Leitsätze:
- Während eines FSJ besteht für die Arbeitsleistung und zugehörige Pflichtfortbildungen ein Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
- Unter bestimmten Voraussetzungen können bei Minderjährigen weniger strenge Anforderungen für einen Ausschluss von Freizeitaktivitäten aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehen.
- Bei Minderjährigen ist das Vorliegen eines natürlichen Spieltriebs auch zu berücksichtigen, wenn anders als in der Schule kein allgemeiner – soziale Bildung einbeziehender – Bildungsauftrag besteht.
Urteil Bundessozialgericht Az. B 2 U13/19 (PDF)
Der 7. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat im vorliegenden Fall im Eilverfahren bestätigt, dass die zuständige Landesmedienanstalt zu Recht die Ausgestaltung eines Sponsorenhinweises als unzulässige Werbung für Glücksspiel untersagt hatte (Beschluss vom 20.08.2020, Az. 7 CS 20.356). *
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: s. VGH München Az. 7 CS 20
Leitsätze:
1. Glücksspielveranstalter dürfen als Sponsor einer Fernsehsendung auftreten.
2. Nach dem Rundfunkrecht ist ein Hinweis auf den Sponsor erforderlich.
3. Die Gestaltung dieses Hinweises darf nicht zur Teilnahme am Glücksspiel bzw. Wetten auffordern oder anreizen.
VGH München Az. 7 CS 20 (PDF)
Der 2. Senat des Saarländischen Oberverwaltungsgerichts hat im vorliegenden Fall den Widerruf der Erlaubnis zur Kindertagespflege vorläufig ausgesetzt – formal: Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des dagegen eingelegten Widerspruchs –, weil eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls bisher nicht ausreichend dargelegt sei (Beschluss vom 01.02.2021, Az. 2 B 379/20). *
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: s. OVG Saarland Az. 2 B 379/20
Leitsätze:
1. Eine Aufhebung der Tagespflegeerlaubnis wegen nachträglich entfallender Eignung ist nur bei konkreten, schweren Pflichtverletzungen gerechtfertigt.
2. Der Entzug der Erlaubnis zur Kindertagespflege stellt das letzte Mittel zur Gewährleistung des Kindeswohls dar.
3. Die Kooperationsbereitschaft mit dem Jugendamt ist – rein rechtlich betrachtet – kein Eignungskriterium.
4. Einzelfall, in dem eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls nicht dargelegt wurde.
OVG Saarland Az. 2 B 379/20 (PDF)
Der 7. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat – im Rahmen einer sog. Nichtzulassungsbeschwerde – bestätigt, dass
sich die sog. Privilegierung (d.h. Schutz vor aufsichtlichen Maßnahmen, solange der Beurteilungsspielraum nicht überschritten ist)
bei vorlagefähigen Fernsehsendungen auf eine Vorlage bei der Freiwilligen Selbstkontrolle vor der Erstausstrahlung beschränkt
(Beschluss vom 01.09.2020, Az. 7 ZB 18.1183). *
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: s. BayVGH FSF Az. 7 ZB 18.1183
Leitsätze des Bearbeiters:
1. Wird eine Fernsehsendung, die vor ihrer ersten Ausstrahlung einer anerkannten Selbstkontrolleinrichtung zur Prüfung hätte vorgelegt werden können, erst nachträglich durch diese geprüft, bleibt das Risiko für Maßnahmen der Medienaufsicht bestehen.
2. In solchen Fällen hat die Aufsicht sich (nur) mit den inhaltlichen Argumenten der Selbstkontrolleinrichtung zu befassen; ein Beurteilungsspielraum ist nicht zu beachten.
3. Die in der aufsichtlichen Maßnahme zum Ausdruck gebrachte Wertung bindet den Anbieter auch für Wiederholungsausstrahlungen.
BayVGH FSF Az. 7 ZB 18.1183 (PDF)
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg hat den vom zuständigen Jugendamt angeordneten Sofortvollzug einer Inobhutnahmeentscheidung bezüglich eines Neugeborenen aus Gründen des Kindeswohls als rechtmäßig angesehen (Beschluss vom 28.07.2020, Az. W 3 S 20.894). *
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: s. VG Würzburg Az. W 3 S 20.894
Leitsätze des Bearbeiters:
1. Eine Inobhutnahme kann bereits unmittelbar nach der Geburt erfolgen, wenn sie erforderlich ist.
2. Maßstab ist die dringende Gefahr für das Wohl des Neugeborenen.
3. Der zeitweiligen Fortdauer der Inobhutnahme steht nicht entgegen, dass bereits eine Entscheidung des Familiengerichts vorliegt, die eine längerfristige Fremdunterbringung ermöglichen würde.
4. Bei nicht eindeutiger Prognose für das Hauptsacheverfahren ist im einstweiligen Rechtsschutz eine Abwägungsentscheidung durch das Gericht zu treffen, wobei dem Kindeswohl der höchste Stellenwert zukommt.
VG Würzburg Az. W 3 S 20.894 (PDF)
Der 21. Senat des OLG München hat die Haftung eines Veranstalters und des Leiters einer Jugendfreizeit für einen
Unfall eines neunjährigen Kindes mit einem Schnitzmesser bejaht (Urt. v. 29.07.2019, Az.: 21 U 2981/18). *
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: s. Urteil OLG München_Az_21_U_2981-18
Leitsätze des Bearbeiters:
- Wenn ein 9-jähriges Kind bei einer »Wildnisfreizeit« ein Schnitzmesser ausgehändigt bekommt, ist dies allein keine Verletzung der Pflichten der Betreuer.
- Das Zur-Verfügung-Stellen eines gefährlichen Werkzeuges erfordert aber vorher eine umfassende und detaillierte Anleitung oder eine allgemeine Anleitung und genaue Überwachung.
- Wenn ohne ausreichende Anleitung und Überwachung eine Verletzung entsteht, haften dafür der Veranstalter und der Leiter der Jugendfreizeit gemeinsam.
Urteil OLG München_Az_21_U_2981-18 (PDF)
Der 12. Senat des Oberlandesgerichts Hamm – zuständig für Streitsachen im Familienrecht – ist zum Ergebnis gekommen, dass die
Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch durch eine Minderjährige – jedenfalls in diesem Einzelfall – durch die Minderjährige selbst alleinverantwortlich getroffen werden kann. (Beschluss vom 29.11.2019, Az. 12 UF 236/19).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: Urteil OLG Hamm_Az._4_UF_189-19
Leitsätze des Bearbeiters:
- Auch bei einer Minderjährigen kann regelmäßig nicht gegen ihren Willen ein Schwangerschaftsabbruch vorgenommen werden.
- Ebenso ist eine Konsenslösung, trotz psychologischer Argumente dafür, rechtlich nicht zwingend.
- Eine Minderjährige kann über die erforderliche Reife verfügen, alleinverantwortlich über die Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs zu entscheiden.
- Ob eine Minderjährige die erforderliche Reife dafür besitzt, lässt sich nur im Einzelfall entscheiden.
Der Vierte Familiensenat des OLG Frankfurt [am Main] hat eine Eilentscheidung über den Teilentzug der elterlichen Sorge teilweise aufgehoben, weil er die gutachterlichen Schlussfolgerungen über das Vorliegen von Kindeswohlgefährdung (noch) nicht für überzeugend angesehen hatte (Beschluss vom 28.08.2019, Az. 4 UF 189/19).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: Urteil OLG_Frankfurt_Az._4_UF_189-19
Leitsätze des Bearbeiters:
- Ein Eingriff in die elterliche Sorge für ein Kind ist stets ein Grundrechtseingriff; deshalb muss er in einem angemessenen Verhältnis zu der ansonsten – d. h. ohne den Eingriff – zu erwartenden Schädigung stehen.
- Einer einmaligen Beobachtung durch einen Sachverständigen – ohne vertiefte Untersuchungen und Testungen – kommt nur ein begrenzter Indizwert zu, den das Gericht mit den übrigen Indizien abzuwägen hat.
- Einem Sachverständigen obliegt nicht, die rechtliche Schlussfolgerung zu ziehen, dass ein Kind unverzüglich aus der Familie herauszunehmen sei.
Urteil OLG_Frankfurt_Az._4_UF_189-19 (PDF)
Die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Aachen hat in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt, einen befristeten Schulausschluss vorläufig nicht wirksam werden zu lassen, da das Interesse am Sofortvollzug überwiege (Beschluss vom 13.03.2019, Az. 9 L 297/19).
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: Urteil VG_Aachen_Az._9_L_297-19
Leitsatz des Bearbeiters:
Die Verbreitung von pornographischen und gewalthaltigen Medieninhalten durch einen Schüler in einem schulbezogenen Chatraum in den sozialen Medien ist als Störung der schulischen Erziehung anzusehen und rechtfertigt eine Ordnungsmaßnahme.
Beitrag KJug 4-2019 (PDF)Urteil VG_Aachen_Az._9_L_297-19 (PDF)
Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat unter Anwendung des Rechtsgrundsatzes der sog. Minderjährigenhaftungsbeschränkung die Rückforderung eines Jobcenters an eine junge Volljährige für während ihrer Minderjährigkeit zu viel gezahlte Sozialleistungen für nicht rechtmäßig angesehen (Urteil vom 28.11.2018, Az. B 14 AS 34/17 R – Parallelentscheidung zu B 4 AS 43/17 R)
* voller Wortlaut dieser Entscheidungen: Urteil BSG_Az._B_14_AS_43-17_R und Urteil BSG_Az._B_14_AS_34-17_R
Leitsätze des Bearbeiters:
- Es besteht ein grundrechtlicher Anspruch von jungen Erwachsenen, dass ihre Haftung für diejenigen Verbindlichkeiten beschränkt wird, die während der Minderjährigkeit durch ihre Eltern als gesetzliche Vertreter (§ 1629 BGB) begründet worden sind.
- Die zivilrechtliche Haftungsbeschränkung auf vorhandenes Vermögen (§ 1629 a BGB) gilt analog auch im Sozialleistungsrecht.
- Für die Anwendung der Haftungsbeschränkungsregeln gibt es keine Bagatellgrenze.
Urteil BSG_Az._B_14_AS_43-17_R (PDF)
Urteil BSG_Az._B_14_AS_34-17_R (PDF)
Der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat in einem Revisionsverfahren die Verurteilung eines Mannes wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Bewährungsstrafe bestätigt, nachdem dieser in einer WhatsApp-Nachricht bei einem 9-jährigen Mädchen Neugier an ihr noch unbekannten sexuellen Handlungen geweckt hatte (Beschluss vom 14.01.2016, Az. 4 RVs 144/15). *
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: OLG_Hamm_Az._4_RVs_144-15
Leitsätze des Bearbeiters:
- Zu den Tatbestandsalternativen des sexuellen Missbrauchs von Kindern ( § 176 StGB )gehört auch ein Einwirken mittels elektronischer Kommunikation, um ein Kind zur Vornahme von bestimmten sexuellen Handlungen zu veranlassen.
- Einwirken erfordert eine gewisse Intensität, wobei als Mittel unmittelbare Gewalt, Einschüchtern, Drohen, wiederholtes Drängen, Überreden, Versprechungen, Wecken von Neugier, Einsatz von Autorität oder Täuschung möglich sind.
- Elektronische Kommunikation i.S. dieser Tatbestandsalternative kann auch mit bekannten Personen erfolgen.
Urteil OLG_Hamm_Az._4_RVs_144-15 (PDF)
Klare Regeln für den Nachschub von »Dampfern« – Zum Versandhandel bei E-Zigaretten
Der Autor setzt sich mit einem Urteil des Amtsgerichts Augsburg auseinander, wonach ein Versandhändler ein Bußgeld zahlen soll, weil er nikotinhaltige Liquids für E-Zigaretten u.Ä. ohne ausreichende Jugendschutzvorkehrungen angeboten und versendet hatte (Beschluss vom 08.05.2018, Az. 32 OWi 603 Js 127440/17). *
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: AG_Augsburg_Az._32_OWi_603_Js_127440-17
Leitsätze des Bearbeiters:
- Ein Versandhändler hat aus Jugendschutzgründen sicherzustellen, dass an Kinder und Jugendliche keine Waren versendet werden, deren Nutzung ihnen nicht erlaubt ist.
- Das Bezahlsystem PayPal garantiert nicht die Volljährigkeit des Bestellers, der mit PayPal zahlt.
- Auch bei der Aushändigung der Versandlieferung muss eine ausreichende Schutzvorkehrung zur Anwendung kommen.
Urteil AG_Augsburg_Az._32_OWi_603_Js_127440-17 (PDF)
Nachdem im Zuge eines familiengerichtlichen Sorgerechtsverfahrens zur Sprache kam, dass das betroffene Kind regelmäßig für seine Altersstufe völlig ungeeignete Computerspiele spielte und die Eltern dem hilflos gegenüberstanden, hat das Familiengericht beim Amtsgericht Bad Hersfeld Auflagen für die Computerspielnutzung festgelegt (Beschluss vom 27.10.2017, Az. 63 F 290/17 SO). *
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: LG_Hildesheim_Az._5_O_157-17
Leitsätze des Bearbeiters:
- Eine fehlende Jugendfreigabe nach dem Jugendschutzgesetz ist regelmäßig auch im häuslichen Umfeld zu beachten.
- Eltern kann familiengerichtlich die Auflage erteilt werden sicherzustellen, dass ihr minderjähriges Kind keine Computerspiele ohne Jugendfreigabe spielt.
Urteil LG_Hildesheim_Az._5_O_157-17 (PDF)
Nachdem im Zuge eines familiengerichtlichen Sorgerechtsverfahrens zur Sprache kam, dass das betroffene Kind regelmäßig für seine Altersstufe völlig ungeeignete Computerspiele spielte und die Eltern dem hilflos gegenüberstanden, hat das Familiengericht beim Amtsgericht Bad Hersfeld Auflagen für die Computerspielnutzung festgelegt (Beschluss vom 27.10.2017, Az. 63 F 290/17 SO). *
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 63 F 290/17 SO
Leitsätze des Bearbeiters:
- Eine fehlende Jugendfreigabe nach dem Jugendschutzgesetz ist regelmäßig auch im häuslichen Umfeld zu beachten.
- Eltern kann familiengerichtlich die Auflage erteilt werden sicherzustellen, dass ihr minderjähriges Kind keine Computerspiele ohne Jugendfreigabe spielt.
Urteil Az. 63 F 290/17 SO (PDF)
Der 13. Senat des Finanzgerichts Köln hatte sich aus steuerrechtlicher Sicht mit Kriterien für nicht-kommerziell veranstaltete Jugendreisen zu befassen (Urteil vom 19.01.2017, Az. 13 K 1160/13 – n.rkr.).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 13 B 8506/17 – n.rkr
Leitsätze des Bearbeiters:
- Beim Betrieb einer Paintballspielanlage sind auf Grund der Wirkungsrisiken für Minderjährige Zutrittsbeschränkungen und Teilnahmeauflagen grundsätzlich zulässig.
- Eine Anlehnung an die Altersstufen des JuSchG mit 12 und 16 Jahren bietet sich an.
- Paintball ist gegenüber Lasertag in der Regel als realitätsnäher und verschärfter hinsichtlich Spielprinzip und Spielumständen anzusehen.
- Bei der Abschätzung möglicher Folgen einer fehlerhaften Eilentscheidung kommt dem Schutzgut des Jugendschutzes regelmäßig ein Übergewicht gegenüber finanziellen Interessen zu, weil bei letzteren ein nachträglicher Ausgleich leichter möglich ist.
Urteil Az. 13 B 8506/17 (PDF)
Der 13. Senat des Finanzgerichts Köln hatte sich aus steuerrechtlicher Sicht mit Kriterien für nicht-kommerziell veranstaltete Jugendreisen zu befassen (Urteil vom 19.01.2017, Az. 13 K 1160/13 – n.rkr.).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 13 K 1160/13
Leitsatz des Bearbeiters:
Die Veranstaltung von Jugendreisen durch einen Verein ist nur dann als gemeinnützig anzusehen, wenn die wirtschaftliche Betätigung sich von einem kommerziellen Veranstalter unterscheidet etwa durch besondere erzieherische Förderung, besonderes Augenmerk auf den Jugendschutz, optimierten Betreuungsschlüssel oder die besondere Zielgruppe sozial benachteiligter junger Menschen.
Beitrag KJug 1-2018 (PDF)Urteil Az. 13 K 1160/13 (PDF)
Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat im Revisionsverfahren die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und die Streitsache zurückverwiesen zur objektiven Feststellung der sog. Vorlagefähigkeit der beanstandeten Fernsehsendung (Urteil vom 31.05.2017, Az. 6 C 10/15).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 6 C 10/15
Leitsätze des Bearbeiters:
- Die Nichtbefassung der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle vor Erlass von Maßnahmen der Kommission für den Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten bei nichtvorlagefähigen Sendungen i.S.v. § 20 Abs. 3 S. 2 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) stellt ein die Rechtswidrigkeit des Aufsichtsbescheids begründendes Verfahrenshindernis dar.
- Eine nicht live ausgestrahlte Sendung ist nur dann nichtvorlagefähig i.S.d. § 20 Abs. 3 S. 2 JMStV, wenn zwischen Fertigstellung und Ausstrahlung nach einem objektiven, dem Gedanken des effektiven Jugendmedienschutzes verpflichteten Maßstab keine Zeit mehr für eine Vorlage bei der anerkannten Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle verbleibt, ohne das Sendekonzept des Veranstalters zu vereiteln.
Urteil Az. 6 C 10/15 (PDF)
Der 12. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat aus verfahrensrechtlichen Gründen einen Antrag eines Trägers von Ferienbetreuungsmaßnahmen abgelehnt, ihm einstweiligen Rechtsschutz gegen mögliche Auflagen für Fachkräfteeinsatz zu gewähren; gleichwohl erfolgen auch Äußerungen zur materiellen Rechtslage (Beschluss vom 02.02.2017, Az. 12 CE 17/71).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 12 CE 17/71
Leitsätze des Bearbeiters:
- Auch temporäre Einrichtungen zur Ferienbetreuung bedürfen regelmäßig einer Erlaubniserteilung.
- Im Jugendhilferecht werden nur Mindeststandards und nicht durchgängig eine fachliche Ausbildung für Mitarbeiter einer Einrichtung gefordert.
- Über die Erlaubniserteilung kann nicht ein höherer Standard gefordert werden, es sei denn das Landesrecht enthält entsprechende Regelungen.
- Falls ausnahmsweise der Einsatz ausgebildeter Fachkräfte als unabdingbar angesehen wird, sind die Gründe dafür von der Aufsicht darzulegen und gerichtlich überprüfbar.
Urteil Az. 12 CE 17/71 (PDF)
Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Stade hat einen Anspruch eines 27-Jährigen auf Abänderung des Vornamens in seinen ursprünglichen Taufnamen verneint (Urteil vom 26.09.2016).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 1 A 1398/15
Leitsätze des Bearbeiters:
- Die Eltern haben grundsätzlich das Recht über die Namenstragung ihrer Kinder zu entscheiden.
- Eine spätere Namensänderung kann nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes genehmigt werden.
- Der Wunsch von einem eingedeutschten Namen zu dem ursprünglich getragenen zurückzukehren, wird nach den allgemeinen Regeln beurteilt.
Urteil Az. 1 A 1398/15 (PDF)
In einem Fall von Mobbingattacken zwischen Mitschülern, die über soziale Medien erfolgt sind, hat die Zweite Zivilkammer des Landgerichts Memmingen dem betroffenen 12-Jährigen ein Schmerzensgeld zugesprochen und dem Verursacher für den Fall zukünftiger Wiederholung ein Ordnungsgeld angedroht (Urteil vom 03.02.2015, Az. 21 O 1761/13).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 21 O 1761/13
Leitsätze des Bearbeiters:
- Der Staat nimmt seine Schutzaufgabe gegen die Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch Mobbing auch durch die Festsetzung zivilrechtlicher Unterlassungsgebote wahr.
- Schwere Persönlichkeitsverletzungen rechtfertigen ein angemessenes Schmerzensgeld.
- Ansprüche auf Unterlassung und Schmerzensgeld können auch unmittelbar an ein Kind im Rechtssinn gerichtet sein, sobald Deliktsfähigkeit vorliegt.
Urteil Az. 21 O 1761/13 (PDF)
Nachdem Vorfälle sexueller Belästigung durch Textnachrichten bekannt geworden waren, hat das Familiengericht beim Amtsgericht Bad Hersfeld zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung Anordnungen an die Erziehungsberechtigten erlassen, wie sie den Umgang ihrer Kinder mit modernen Kommunikationsmedien regeln und kontrollieren sollen
(Beschluss vom 22.07.2016, Az. F 361/16 EASO).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. F 361/16 EASO
Leitsätze des Bearbeiters:
- Da Smartgeräte nicht einfach elektronisches Spielzeug sind, gehören zu den elterlichen Erziehungsaufgaben altersadäquate, regelmäßige Gespräche über die Medien- und Kommunikationsmittelnutzung der Kinder und Jugendlichen sowie eine angemessene Kontrolle.
- Wenn Kinder oder Jugendliche durch sexualisierte Kommunikation (Sexting)belästigt worden sind und dabei überfordert waren, haben Eltern zur Sicherstellung des Kindeswohls die Pflicht, weitere Kontakte der Minderjährigen mit dem Verursacher zu verhindern.
- Um ein Übermitteln von Texten mittels eines Messengerdienstes mit Zwangsvernetzungstechnik – hier »WhatsApp« – zuverlässig zu verhindern, ist dessen Deinstallation von den digitalen Kommunikationsgeräten der Kinder oder Jugendlichen erforderlich.
Urteil Az. F 361/16 EASO (PDF)
Das Verwaltungsgericht Würzburg hat die Entscheidung des örtlichen Jugendamtes bestätigt, aus Jugendschutzgründen den Zutritt zu der Laserarena für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren vollständig zu beschränken
(Urteil vom 14.04.2016, Az. W 3 K 14.438).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. W 3 K 14.438
Leitsätze des Bearbeiters:
- Von Laserspielen können aggressionssteigernde und angsterzeugende Wirkungen ausgehen. Beides kann die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen.
- Durch elterliche Begleitung kann diesem Gefahrenpotential nicht begegnet werden.
- Eine Altersbegrenzung nach § 7 JuSchG ist zulässig und im vorliegenden Fall jedenfalls hinsichtlich Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren nicht zu beanstanden.
Urteil Az. W 3 K 14.438 (PDF)
Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat ein Ermittlungsverfahren eingestellt, in dem es um Verbreitung von Pornographie im Internet ohne Beachtung der Vertriebsbeschränkungen ging, die gesetzlich aus Jugendschutzgründen festgelegt worden sind (Entscheidung vom 30.06.2015, Az. 32 Js 23303/13).*
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 32 Js 23303/13
Beitrag KJug 2-2016 (PDF)Urteil Az. 32 Js 23303/13 (PDF)
Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Bayreuth hat eine behördliche Entscheidung über die Ausweisung eines islamisch-salafistischen Gläubigen aufgehoben, da die vorgeworfenen Ausweisungsgründe nicht bewiesen seien. (Urteil vom 12.02.2015; Aktenz. V ZB 185/14)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. B 4 K 14.223
Leitsätze des Bearbeiters:
- Eine Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland liegt jedenfalls bei einem Aufruf für einen bewaffneten Kampf in Terrorgruppen vor.
- Für ausländerrechtliche Maßnahmen ist der Nachweis eines solchen gefährdenden Verhaltens erforderlich; Verdächtigungen reichen dafür nicht aus.
Urteil Az. B 4 K 14.223 (PDF)
Der 5. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat eine Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben, weil der Sachverhalt und hier insbesondere das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Minderjährigkeit bei dem betroffenen Flüchtling, der zur Abreise aus Deutschland aufgefordert worden war, nicht ausreichend ermittelt gewesen sei (Beschluss vom 12.02.2015; Aktenz. V ZB 185/14)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az._V_ZB_185-14
Leitsätze des Bearbeiters:
- Das Alter eines unbegleiteten Flüchtlings, der eventuell minderjährig ist, ist von Amts wegen möglichst genau zu klären.
- Das Jugendamt ist hinzuziehen.
- Verbleiben nicht ausräumbare Zweifel ist vom Vorliegen von Minderjährigkeit auszugehen.
Urteil Az._V_ZB_185-14 (PDF)
Die Auffassung des Amtsgerichts – Familiengericht – Bremerhaven, wonach Kinder von ihren Eltern Schadensersatz verlangen können, wenn diese vom Sparbuch der Kinder unklare Abhebungen getätigt haben, ist vom 4. Senat des Oberlandesgerichts Bremen in einer Entscheidung zur Verfahrenskostenhilfe als rechtlich zutreffend angesehen worden. (Beschluss vom 03.12.2014; Aktenz. 4 UF 112/14)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az.4 UF 112/14
Leitsätze des Bearbeiters:
- Auch wenn als Inhaber ein minderjähriges Kind ausgewiesen ist, kann ein Sparbuch nur im Fall besonderer und entsprechend nachzuweisender Umstände nicht dem Vermögen des Kindes zugehören und den Eltern ein freier Zugriff darauf offenstehen.
- Die Eltern haben als Personensorgeberechtigte auch die Aufgabe der Sorge für das Vermögen des Kindes und haften für von ihnen verursachte Schäden.
- Ein minderjähriges Kind muss regelmäßig nicht aus eigenem Vermögen für seinen Unterhalt aufkommen, sondern hat Unterhaltsansprüche.
Urteil Az.4 UF 112/14 (PDF)
Die 19. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln hat eine Entscheidung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien aufgehoben und für das betroffene Computerspiel in der EU-Version festgestellt, dass es nicht gegen Strafgesetze verstößt; es ist somit "nur" jugendgefährdend.
(Urteil vom 28.11.2014; Aktenz. 19 K 5130.13)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az.19 K 5130/13
Leitsätze des Bearbeiters:
- Feststellungen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, wonach ein bestimmter Medieninhalt den Tatbestand einer strafrechtlichen Vorschrift erfülle, sind gerichtlich voll überprüfbar.
- Strafrechtlich relevant sind Gewaltdarstellungen, wenn sie über die Erfüllung äußerer Merkmale – wie eine detaillierte Darstellung grausamen Handelns – hinaus eine zielgerichtete Komponente der Verherrlichung oder Verharmlosung oder eine Verletzung der Menschenwürde aufweisen und damit nicht nur neutral ausgestaltet sind.
Urteil Az.19 K 5130/13 (PDF)
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Bayreuth hat Zugangsbeschränkungen zu einem Familienfest mit parteiideologischem Hintergrund überprüft und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs – jedenfalls in weitem Umfang – wiederhergestellt, d.h. den angeordneten Sofortvollzug von Vorschriften des Jugendschutzes außer Kraft gesetzt und damit faktisch ins Leere laufen lassen. (Beschluss vom 11.07.2014; Aktenz. B 3 S 14.443)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. B 3 S 14.443
Leitsatz des Bearbeiters:
Die Vorschriften des Jugendschutzgesetzes dienen in ers-ter Linie der Flankierung elterlicher Erziehung; nur in besonders begründeten Ausnahmefällen ist eine Beschränkung auch gegen den Willen der Personensorgeberechtigten zulässig.
Beitrag KJug 1-2015 (PDF)Urteil Az. B 3 S 14.443 (PDF)
Die 15. Zivilkammer des Landgerichts Berlin hat sich mit der konkreten Umsetzung der
höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Aufsichtspflicht von Eltern bei der Internetnutzung ihrer Kinder zu befassen gehabt (Urteil vom 24.01.2014; Aktenz. 15 S 16/12)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 15 S 16/12
Leitsatz des Bearbeiters:
- Wenn Eltern ihrer Aufsichtspflicht nicht genügend nachgekommen sind, haften sie für die Folgen einer Urheberrechtsverletzung, die von ihren minderjährigen Kindern bei der Internetnutzung begangen wurde.
- Die Haftung umfasst Lizenzgebühren und Abmahnkosten.
- Es ist stets die Aufsichtsperson dafür beweispflichtig, dass sie ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt hat.
- Eine Beweiserhebung erfolgt nur, wenn die vorgetragenen Geschehensabläufe im Detail und widerspruchsfrei in den Prozess eingeführt worden sind.
Urteil Az. 15 S 16/12 (PDF)
Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln hat sich in ihrem nicht rechtskräftigen
Urteil vom 25.02.2014 mit dem Konsum von elektronischen Zigaretten in Gaststätten
befasst (Az. 7 K 4612/13)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 7 K 4612/13
Leitsatz des Bearbeiters:
In Nordrhein-Westfalen ist derzeit der Konsum elektronischer Zigaretten in Gaststätten nicht nach dem landesrechtlichen Nichtraucherschutzgesetz (NiSchG NRW) verboten.
Beitrag KJug 3-2014 (PDF)Urteil Az. 7 K 4612/13 (PDF)
Der 2. Senat des Oberverwaltungsgericht Koblenz hat das Urteil der Vorinstanz nicht aufgehoben; dort war ein sofortiger Schulausschluss nach einem Vorfall der Rauschmittelbeschaffung unter Mitschülern – zumindest von Substanzen außerhalb des Betäubungsmittelgesetzes – auf Grund der konkreten Umstände ausnahmsweise als nicht gerechtfertigt angesehen worden (Beschluss vom 14.08.2013; Aktenz. 2 A 10251/13)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 2 A 10251/13
Leitsatz des Gerichts:
Nicht nur der Verkauf illegaler Drogen im schulischen Umfeld, sondern auch das bewusste Erwecken eines dahingehenden Anscheins sowie der Handel mit sog. »Legal Highs« begründen eine ernstliche Gefahr für die Erziehung der anderen Schülerinnen und Schüler und können nach den Umständen des Einzelfalls auch ohne vorherige Androhung den Ausschluss von der bisher besuchten Schule rechtfertigen.
Beitrag KJug 2-2014 (PDF)Die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Cottbus hat in einem Kündigungsschutzverfahren die Kündigung eines Schwimmmeistergehilfens (aktuelle Bezeichnung: Fachangestellter für Bäderbetriebe), die der Arbeitgeber ausschließlich mit Eintragungen im polizeilichen Führungszeugnis begründet hatte, als nicht hinreichend gerechtfertigt angesehen (Urteil vom 30.05.2013; Aktenz. 3 Ca 317/13)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 3 Ca 317/13
Leitsatz des Bearbeiters:
Eintragungen im erweiterten Führungszeugnis eines Arbeitnehmers sind stets im Einzelfall auf ihre Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis zu überprüfen.
Beitrag KJug 1-2014 (PDF)Urteil Az. 3 Ca 317/13 (PDF)
Der 12. Senat des Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat in einem Eilverfahren einem Antrag von Eltern auf eine Jugendhilfeleistung in Form der Unterstützung zur Betreuung und Versorgung von Kindern nicht entsprochen und auf – die nicht beantragten – Hilfen zur Erziehung verwiesen. (Beschluss vom 06.05.2013; Aktenz. 12 B 423/13)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 12 B 423/13
Leitsatz des Bearbeiters:
Ein längerer Ausfall der Eltern als Erziehungspersonen erfordert regelmäßig nicht nur Lösungen für den Betreuungsbedarf, sondern auch für den erzieherischen Bedarf der Kinder.
Beitrag KJug 4-2013 (PDF)Urteil Az. 12 B 423/13 (PDF)
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt a.d. Weinstraße hat in einer Entscheidung des vorläufigen Rechtsschutzes einem Telemedienanbieter ermöglicht, entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte trotz möglicherweise unzureichender Schutzmaßnahmen vorläufig weiter zu verbreiten, weil im Hinblick auf die Beschlusslage der KJM kein Sofortvollzug geboten sei (Beschluss vom 17.04.2013; Az.: 5 L 68/13.NW)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 5 L 68/13.NW
Leitsätze des Bearbeiters:
- Die Eignung eines Jugendschutzprogramms ist bei seiner Anerkennung nach § 11 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) umfassend zu prüfen.
- Bei summarischer Betrachtung erscheint der Begriff der »wesentlichen Verbreitung« zu unbestimmt, um daran bestimmte Rechtsfolgen zu knüpfen.
Urteil Az. 5 L 68/13.NW (PDF)
Werbebeschränkungen gegenüber Kindern und Jugendlichen
Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln ist in einer nicht rechtskräftigen Entscheidung zum Ergebnis gekommen, dass im Einzelfall durch ein Gewinnspiel Minderjährige zu einem Kauf über Bedarf angeregt werden können und dann unlauterer Wettbewerb vorliegt (Urteil vom 21.09.2012; Aktenz. 6 U 53/12)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 6 U 53/12
Leitsätze des Gerichts:
- Für eine stets unlautere unmittelbare Aufforderung zum Kauf von Waren gegenüber Kindern genügt es nicht, dass Kinder in der Werbung gezeigt werden, die sich die Ware kaufen oder ihre Eltern zum Kauf auffordern.
- Bei der Beurteilung der Auswirkungen einer Werbung ist auf das Verständnis des durchschnittlichen Mitglieds einer schutzbedürftigen Verbrauchergruppe (hier: minderjährige Kinder) bereits dann abzustellen, wenn die Werbung aufgrund objektiver Kriterien erkennbar dazu bestimmt ist, auch Mitglieder dieser Gruppe zu erreichen.
- Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen mit einem an den Warenumsatz gekoppelten Gewinnspiel ist nicht generell unlauter, sondern erfordert eine Betrachtung des Einzelfalls; unlauter kann sie sein, wenn Minderjährigen in einem Werbespot eine unrealistische Korrelation von Mehreinkauf und Gewinnchance vorgespiegelt und sie dadurch zu einem Kauf über Bedarf angeregt werden.
Urteil Az. 6 U 53/12 (PDF)
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof Kassel ist in einer (noch) nicht rechtskräftigen Entscheidung zum Ergebnis gekommen, dass ein auf Glaubensgründe gestützter Antrag auf Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht abgelehnt werden durfte (Urteil vom 28.09.2012; Aktenz. 7 A 1590/12)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 7 A 1590/12
Leitsätze des Gerichts:
- Das durch Art. 4 Abs. 1 und 2 Grundgesetz gewährleistete Grundrecht der Glaubensfreiheit vermittelt weder in der Gesellschaft noch in der zum staatlichen Bereich zählenden Schule, die auf ein Leben in der Gesellschaft in Deutschland vorbereitet, einen umfassenden Konfrontationsschutz.
- Ein Glaubensgebot, wonach Mädchen im Alter von 11 Jahren im Schwimmunterricht, der ihnen gemeinsam mit Jungen gleichen Alters erteilt wird, ihren Körper weitgehend verhüllen müssen, begründet keinen Anspruch eines muslimischen Mädchens auf Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht, wenn das Mädchen am Schwimmunterricht in einer muslimischen Bekleidungsvorschriften gerecht werdenden Schwimmbekleidung (Burkini/Haschema) teilnehmen kann und ihr – abhängig von den Umständen des Einzelfalles – das Tragen einer solchen Schwimmbekleidung zumutbar ist.
- Ein Glaubensgebot, wonach sich Mädchen im Alter von 11 Jahren nicht dem Anblick anderer in Badebekleidung, die nicht den muslimischen Bekleidungsvorschriften entspricht, aussetzen dürfen und körperliche Berührungen mit Jungen zu vermeiden haben, begründet keinen Anspruch eines muslimischen Mädchens auf Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht, da der in der Pflicht zur Teilnahme an diesem Unterricht liegende Eingriff in die Glaubensfreiheit durch den Integrationsauftrag des Grundgesetzes gerechtfertigt ist.
- Der Integrationsauftrag des Grundgesetzes gebietet es, Schülerinnen und Schüler auf ein Dasein in der säkularen und pluralistischen Gesellschaft in Deutschland vorzubereiten, in der sie einer Vielzahl von Wertvorstellungen, Überzeugungen und Verhaltensweisen begegnen werden, die sie für sich selbst ablehnen.
Urteil Az. 7 A 1590/12 (PDF)
Das Amtsgericht München hat den Tätowierauftrag einer 17-jährigen Jugendlichen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für rechtswidrig angesehen (Urteil vom 17.03.2011; Aktenz. 213 C 917/11)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 213 C 917/11
Leitsätze des Bearbeiters:
- Eine Leistung, die eine Jugendliche mit selbst verdientem Geld bezahlt hat, bedurfte keiner ausdrücklichen Vertragsgenehmigung durch die Eltern.
- Eine Einwilligung einer Jugendlichen in das Erstellen eines Tattoos (= Körperverletzung) ist nicht generell unwirksam.
Urteil Az. 213 C 917/11 (PDF)
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz hat Zugangsbeschränkungen für Minderjährige zu einem Rap-Konzert teilweise aufgehoben (Beschluss vom 09.09.2011; Aktenz. 5 L 847/11.KO)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung:
Az. 5 L 829/11.KO
Az. 5 L 847/11.KO
Leitsätze des Bearbeiters:
- Zugangsbeschränkende Auflagen aus Gründen des Jugendschutzes sind nur bei Vorliegen hinreichender Gefährdungsinhalte zulässig.
- Ansonsten obliegt es der elterlichen Verantwortung, ob sie ihren Kindern den Zugang zu Songtexten mit derben Ausdrücken der Fäkal- und Sexualsprache ermöglichen wollen.
Urteil Az. 5 L 829/11.KO (PDF)
Urteil Az. 5 L 847/11.KO (PDF)
Der Bußgeldsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen hat sich auf die Beschwerde eines Gewerbetreibenden damit befasst, ob das nach einem Testkauf verhängte Bußgeld rechtmäßig war (Beschluss v. 31.10.2011; Aktenz. 2 SsRs 28/11)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 2 SsRs 28/11
Leitsätze des Bearbeiters:
- Testkäufe im Bereich des Jugendschutzes verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
- Testkäufer dürfen über die bloße Kaufanfrage hinaus nicht zur Tat provozieren.
Urteil Az. 2 SsRs 28/11 (PDF)
Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg hatte über die Rechtmäßigkeit einer vorläufigen Unterbringung im Vorfeld einer nachträglichen Anordnung von Sicherungsverwahrung bei einem mittlerweile 33-Jährigen zu entscheiden und hierbei die durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2011 vorgegebenen Übergangsregelungen konkret zur Anwendung zu bringen gehabt (Urteil vom 16.08.2011; Aktenz. 2 Ws 365/11)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 2 Ws 365/11
Leitsätze des Bearbeiters:
- Bei einer »hochgradigen Gefahr« weiterer Gewalt- oder Sexualverbrechen ist die nachträgliche Anordnung von Sicherungsverwahrung zulässig.
- Werden durch einen potentiellen Straftäter höchste Rechtsgüter wie Leib und Leben bedroht, liegt eine »hochgradige Gefahr« bereits bei einer mehr als durchschnittlichen Rückfallgefahr vor.
- Diese Überlegungen gelten auch, wenn die ursprüngliche Verurteilung nach Jugendstrafrecht erfolgt ist.
Urteil Az. 2 Ws 365/11 (PDF)
Die 10. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken hat die Zahlungspflicht von Eltern für Zusatzkosten von Gratisonlinespielen, die über die Telefonrechnung abgerechnet werden sollten, unter den konkreten Bedingungen verneint (Urteil vom 22.06.2011; Aktenz. 10 S 99/10)*.
* voller Wortlaut dieser Entscheidung: Az. 10 S 99/10
sowie der Parallelentscheidung: Az. 10 S 60/10
Leitsätze des Bearbeiters:
- Aus Gründen des Jugendschutzes ist es möglich, verschiedene Rechtsbeziehungen (Telekommunikationsvertrag, Kaufvertrag, Inkassovertrag) einer inhaltlichen Gesamtbetrachtung zu unterwerfen.
- Werden Geschäftsmodelle so gestaltet, dass sie zwangsläufig den gesetzlichen Minderjährigenschutz unterlaufen, kann das zur Nichtigkeit der in diesem Zusammenhang geschlossenen Verträge führen.
- Das Nichtsperren von Telefonmehrwertdiensten bringt nicht automatisch ein wesentliches Mitverschulden der Telefonanschlussinhaber mit sich.
Urteil Az. 10 S 99/10 (PDF)
Urteil Az. 10 S 60/10 (PDF)
Der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts hat sich in einem Eilverfahren damit befasst, wann einem Kind im Rahmen von Leistungen der Grundsicherung ein eigenes Zimmer zur Verfügung gestellt werden muss (Beschluss vom 04.03.2011; Aktenz. L 7 AS 753/10 B ER)*.
* voller Wortlaut der Entscheidung: Az. L 7 AS 753/10 B ER
Leitsatz des Bearbeiters:
- Auch kleine Kinder haben Anspruch auf eigenen Wohnraum; ein Anspruch auf ein eigenes Zimmer ergibt sich jedoch nur bei zusätzlichen besonderen Gründen im Einzelfall.
Urteil Az. L 7 AS 753/10 B ER (PDF)
Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat das Vereinsverbot für eine Jugendorganisation wegen deren neonazistischer Ausrichtung bestätigt (Urteil vom 01.09.2010; Aktenz. 6 A 4.09)*.
* voller Wortlaut der Entscheidung: Az. 6 A 4.09
Leitsätze des Bearbeiters:
- Die Beeinflussung junger Menschen mit Gedanken der nationalsozialistischen Ideologie ist ein zentrales Kriterium für die Annahme der Verfassungsfeindlichkeit einer Jugendorganisation.
- Tatsächlichem Handeln und Äußern kommt größere Bedeutung zu als gegenläufigen Formulierungen in der Vereinssatzung.
Urteil Az. 6 A 4.09 (PDF)
Die 14. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen hat eine Reihe von Einwänden eines Klägers gegen die Beanstandung seiner Internetangebote als nicht stichhaltig angesehen und die Rechtmäßigkeit der Bescheide bestätigt (Urteil vom 16.12.2009; Aktenz. 12 K 4086/07)*.
* voller Wortlaut der Entscheidung: Az. 14 K 4086/07
Leitsätze des Bearbeiters:
- Bei der Beurteilung eines Internetangebots werden auch die Inhalte berücksichtigt, die es sich durch Verlinkung zu eigen macht.
- Auch wenn (verlinkte) Internetinhalte aus dem Ausland in Deutschland zugänglich sind, kommt deutsches (Jugendschutz-)Recht zur Anwendung.
Urteil Az. 14 K 4086/07 (PDF)
Das Amtsgericht Würzburg –Jugendrichter – hat über eine gewalthaltige Erziehungsmaßnahme in strafrechtlicher Hinsicht zu befinden gehabt (Urteil vom 13.10.2009; Aktenz. 508 Cs 832 Js 11198/08 JSch)*.
* voller Wortlaut der Entscheidung: Az. 508 Cs 832 Js 11198/08 JSch
Leitsätze des Bearbeiters:
- Körperliche Bestrafung eines Kindes im Rahmen der Erziehung wird von den allgemeinen Vorschriften des Strafgesetzbuches zu Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit erfasst.
- Bei der Strafzumessung kann berücksichtigt werden, dass bereits familiengerichtliche Regelungen im Gefolge der körperlichen Bestrafung des Kindes getroffen wurden.
Urteil Az. 508 Cs 832 Js 11198/08 JSch (PDF)
Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Münster hat Beanstandungen gegen einen „Fernsehsender“, der ausschließlich Werbung für Telefonsex ausstrahlt, für zulässig angesehen, weil Bestimmungen des Jugendschutzes nicht beachtet wurden (Urteil vom 12.02.2010; Aktenz. 1 K 1608/09)*.
* voller Wortlaut der Entscheidung: Az. 1 K 1608/09
Leitsätze des Bearbeiters:
- Digitale »Fernsehangebote« über eine Satellitenplattform können medienrechtlich als Telemedien zu beurteilen sein.
- Es gelten dann auch die Regelungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages für Telemedien.
- Unbestimmte Rechtsbegriffe wie Pornographie sind gerichtlich voll überprüfbar.
- Den Aufsichtsorganen soll kein Beurteilungsspielraum zustehen.
Urteil Az. 1 K 1608/09 (PDF)
Der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg hat im Rahmen einer sogenannten Nichtzulassungsbeschwerde inhaltliche Ausführungen zum Einsatz der Inobhutnahme gemacht (Beschluss vom 18.09.2009; Az. 4 LA 706/07)*.
* voller Wortlaut der Entscheidung: Az. 4 LA 706/07
Leitsätze des Bearbeiters:
- Als Voraussetzung für eine Inobhutnahme genügt die Bitte eines Kindes oder Jugendlichen um Obhut (§ 42 Abs. 2 SGB VIII).
- Widerspricht der Personensorgeberechtigte der Inobhutnahme hat zunächst das Jugendamt zu entscheiden, ob es die Inobhutnahme beendet oder fortsetzt.
- Eine Fortsetzung der Inobhutnahme ist nur zulässig, wenn ansonsten das Kindeswohl gefährdet ist und umgehend das Familiengericht zur Entscheidung über den Verbleib des Minderjährigen angerufen wird.
Urteil Az. 4 LA 706/07 (PDF)
Die 15. Kammer des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts hat entschieden, dass das Jugendamt die Preisgabe von Personendaten eines Anzeigeerstatters, der auf eine mögliche Kindesmisshandlung hingewiesen hatte, zu Recht gegenüber dem von der Anzeige Betroffenen abgelehnt hat (Urteil vom 11.05.2009; Az. 15 A 160/08)*.
* voller Wortlaut der Entscheidung: Az. 15 A 160/08
Leitsatz des Bearbeiters:
Die hohe Bedeutung des Kinderschutzes rechtfertigt es und die gesetzlichen Bestimmungen erlauben es, potentiellen Hinweisgebern auf Gewalt gegen Kinder einen Schutz ihrer persönlichen Daten gegenüber den Betroffenen zu garantieren.
Beitrag KJug 1-2010 (PDF)Urteil Az. 15 A 160/08 (PDF)